Digitalcomics - also Comics, die nicht gedruckt sondern lediglich online erwerblich sind - erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Dennoch war es für viele Masters Fans überraschend, dass DC noch vor Start der neuen MotU Comicserie eine zehnseitige Vorgeschichte vorab über Comixology für 99 Cent veröffentlichte. Noch überraschender: Hauptprotagonist ist mit Sir Laserlot kein altgedienter Recke, sondern ein erst in diesem Jahr präsentierter Charakter.
Story:
Eternia, lange bevor Prinz Adam zu He-Man wurde. Zwei Jungs werden von einer Meute Beast Men durch die Wälder gejagt. Im letzten Moment taucht ein Fremder mit rot glühenden Augen auf und tötet die Monster. Ehe weitere den Platz erreichen, bringt der Kämpfer die Jungen in seine Behausung. Dort stellt sich heraus, dass es sich bei ihm um den totgeglaubten Ritter Sir Laserlot handelt. Laserlot trägt den Stein von Talmadge in seiner Brust, ein aus einem Drachenherz gefertigtes Juwel, das ihm seine Kräfte verleiht. Zugleich ist der Stein aber auch ein Fluch, da Laserlot ohne ihn nicht leben kann und jeder in Flammen aufgeht, der den Ritter berührt. Er erklärt, das Schwert von King Grayskull verloren zu haben, er werde es aber wieder finden und anschließend jene jagen, die den König umgebracht haben. Plötzlich ertönen Stimmen aus dem Nichts, die offenbar aus der Zukunft stammen und einen mysteriösen Schädel in Laserlots Höhle an sich bringen wollen. Der Ritter ergreift den Schädel, wird aber mit diesem durch die Zeit gesogen - in Eternias Gegenwart, wo er auf Skeletor und die Kämpfer des Bösen trifft.
Rezension:
Gespannt warten Masters Fans weltweit auf den Start der neuen Comicserie aus dem Hause DC. Dass vorab ein digitales Prequel erschienen ist, heizt bereits jetzt die Diskussionen auf vielfältige Weise an. Nicht James Robinson, sondern Geoff Johns fungierte hier als Autor, was sicherlich dem Hauptprotagonist geschuldet ist. Selbiger wurde von Johns für Mattels 30th Anniversary Reihe geschaffen und wird erst im August als Figur erscheinen. In
The Lost Knight ("Der verlorene Ritter") erfährt der Leser somit hauptsächlich einige Details zu Sir Laserlot. Hier wird im Grunde der schon archetypisch in Einsamkeit zurückgezogene Ex-Krieger bedient. Der Clou besteht in diesem Fall jedoch darin, dass Laserlots Kräfte zugleich auch sein Fluch sind, was sein einsames Leben nachvollziehbar macht.
Interessant ist auch, dass Sir Laserlot offenbar King Grayskulls Zauberschwert nach dessen Tod hatte aufbewahren sollen. Damit zeigt sich aber ein Problem, denn es bleibt unklar, ob die neuen Comics auf den MotU Classics Biografien fußen oder eine neue Historie darstellen sollen. So wird hier geschildert, dass Laserlot das Schwert verloren habe, während laut den Biografien die Waffe nach King Grayskulls Tod in zwei Hälften geteilt wurde, welche die kommenden Jahrtausende von stets als "He-Man" bezeichneten Kämpfern beschützt wurden. Inwiefern Sir Laserlot hier hinein passt, bleibt unbeantwortet. Auch verwirrt sein Schwur, King Grayskulls Mörder (plural!) aufzuspüren, da eigentlich etablierte Tatsache ist, dass selbiger von Hordak tödlich verletzt wurde. Geht es zudem nach dem 200X Zeichentrick, dann starb Hordak kurz vor King Grayskull, bzw. wurde sein Körper vernichtet und seine Seele nach Despondos verbannt. Demnach müsste Sir Laserlot gar nicht mehr auf Mörderjagd gehen!
Nun kommt aber der "Schädel der Macht" ins Spiel, ein Artefakt, durch das Skeletor offenkundig jene alternative Realität schaffen wird, in welcher die Comicserie spielen wird. Dabei erinnert der Schädel sicher nicht unabsichtlich an Hordak - was wiederum zu dessen erwähnter physischer Vernichtung aus dem Zeichentrick passen würde. Warum der Schädel nun mächtige Kräfte besitzt, wird sich hoffentlich noch zeigen. Zumindest ist diser spannende Drehpunkt zugleich ein schöner "Insiderhinweis" für Fans. Die Erwähnung mehrerer, scheinbar in einem Flussgebiet auffindbarer Scareglows hingegen sorgt für Stirnrunzeln. Die Idee einer Rasse von Beast Men ist zwar nichts neues. Scareglow aber wurde bislang stets als alleinstehendes Wesen dargestellt, welches auch gar nicht in der Zeit unmittelbar nach King Grayskulls Tod existierte. Der größte Minuspunkt ist jedoch Skeletor Befürchtung, dass sein Eingriff in die Zeit durch Agent Spector erspürt(!) werden könnte. Wasser auf die Mühlen jener, welche das Konzept hinter dem ebenfalls neuen Charakter The Mighty Spector als zu mächtig erachten - zumal mit dem Cosmic Enforcer Zodac bereits ein passender klassischer Akteur zur Verfügung gestanden hätte.
Während Sir Laserlot durchaus spannend dargestellt wird, ist der Comic nicht nur wegen der geringen Seitenzahl schnell durchgelesen. So wird ein Großteil des Comics von der eher wortkargen Verfolgungsjagd und dem anschließenden Kampf eingenommen, während sämtliche Seiten mit äußerst wenigen Panels bestückt sind. Farblich sorgt Coloristin Carrie Stracham für eine gelungene Atmosphäre in den düsteren Wäldern und Laserlots gedrungener Höhlenbehausung. Jedoch fehlt der Geschichte zeichnerisch das, was sie als einen Masters Comic ausweist, da die Landschaften und Bekleidung der beiden Jungen absolut x-beliebig wirken. Emiliano Santalucia hatte in den Comics von MV Creations durch die Verwendung der (mit dem Filmation Cartoon etablierten) spezifischen Flora und Fauna des Planeten noch ein unverwechselbares Bild von Eternia gezeichnet. Ähnliches fehlt hier völlig. Zudem kämpft Sir Laserlot nie im voller Montur, was zwar nachvollziehbar ist, ihn zugleich aber eher wie einen beliebigen Comicheld a´la Marvels Wonder Man wirken lässt statt einem Masters Charakter.
Auch ansonsten ist das Heft grafisch nicht unbedingt erste Klasse angesichts perspektivischer Irrtümer und einem generellen Stil, der eher an typische Comics aus den mittleren 90ern als den 2010er Jahren erinnert. Dabei hielt mit Howard Porter (u.a.
JLA,
Fantastic Four &
Flash) ein durchaus erfahrener und versierter Zeichner den Stift. Hier muß jedoch gesagt sein, dass Porter vor einigen Jahren eine schwere Handverletzung erlitt und zudem sicherlich nur sehr wenig Zeit zur Fertigstellung des Comics zur Verfügung hatte. So übernahm er vom regulären Zeichner Philip Tan die neuen Designs der Evil Warriors, welche beinahe schon ein Thema für sich sind. Nun spricht grundlegend nichts gegen Neuinterpretationen. Während aber die 200X Designs der Masters den 80er Motiven sehr treu blieben, sind die Änderungen hier enorm und vor allem teils unsinnig. So trägt Beast Man nun einen Irokesenschnitt und Skeletor ist auf Hulk-artige Masse angewachsen. Während sich hier debattieren lässt, ist Evil-Lyn ein absoluter Fehlgriff, da sie gar nicht identifizierbar wäre wenn sie nicht inmitten der übrigen Schurken stehen würde. Wozu ein Design a´la Disneys Malefiz mit violetter Haut notwendig wurde, um Evil-Lyn einer modernen Leserschaft näher zu bringen, erschliesst sich nicht wirklich.
Für Masters Comics ungewöhnlich drastisch ist auch die dargestellte Gewalt, wenn Sir Laserlot eine ganze Rotte Beast Men blutig niedermeuchelt. Auch in den Comics von MV Creations ging es mitunter härter zu, jedoch dort stets in Grenzen und mit einem speziellen Hintergrund wenn z.B. Trap Jaws Entstehung erklärt wurde. Es bleibt zu hoffen, dass DC hier nicht unter dem Deckmantel zeitgemäßer Ernsthaftigkeit einen Grad an grafischer Gewaltdarstellung einführt, der nie Teil der Masters war und für eine spannende Geschichte auch nicht notwendig ist. Hinzu kommt die Frage, ob es von Geoff Johns taktisch geschickt war, gerade Sir Laserlot zum Hauptakteur der Geschichte zu machen. Es spricht nichts dagegen, neuere oder neu geschaffene Charaktere in den Fokus zu stellen. Jedoch ist dies der erste neue Masters Comic seit Jahren und Startpunkt einer Geschichte rund über den eigentlichen Hauptdarsteller He-Man. Passender wäre da eine allgemeine Einführung in DCs Version von Eternia bzw. Preternia gewesen, um eben durch bekannte Gesichter zu zeigen, dass dies ein MotU-Heft ist und nicht eine x-beliebige neue Serie. Sir Laserlot hätte anschließend immer noch in einem der kommenden Digitalcomics präsentiert werden können.
Fazit:
The Lost Knight ist nicht gerade ein glanzvoller Start für die neue Masters Serie. Sir Laserlot wird zwar interessanter dargestellt als seine kommende Figur vermuten ließe. Dennoch hätte er nicht unbedingt Titelheld ausgerechnet dieser ersten Comicausgabe sein müssen. Immerhin macht das Prequel neugierig auf die kommenden Ausgaben, und einige Ungereimtheiten werden vielleicht im Verlauf der Serie noch aufgelöst. Sowohl die Geschichte als auch Neudesigns lassen aber schon jetzt die Frage aufkommen, ob man bei DC wirklich verstanden hat, was die Masters of the Universe ausmachen.
Dieses Digitalcomic wurde am 23.06.2012 online veröffentlicht.
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