Bevor DC einen gänzlich neuen Charakter zur Premiere der Digitalcomicserie wählte, hatte Mattel ursprünglich eine Geschichte zu Beast Man vorgeschlagen. Tatsächlich dauerte es bis zum fünften Comic, bevor überhaupt ein Schurke in den Mittelpunkt gerückt wurde. Dass es sich dabei um Evil-Lyn handelt, ist aber nicht unpassend, denn innerhalb der
Icons of Evil Reihe der 200X Comics sollte ihr das fünfte Heft gewidmet sein. Selbiges stoppte Mattel seinerzeit zugunsten einer Zeichentrickfolge. So dauerte es also beinahe zehn Jahre, bevor Skeletors rechte Hand endlich ihren eigenen Comic erhielt.
Story:
In den Slums von Eternos City wird der ehemalige Palastwächter Nolar Blak von zwei früheren Kollegen unsanft aus einem Lokal befördert und wirft dabei eine Frau um. Beide kommen ins Gespräch, und Nolar erzählt Morgan, dass er aus der Palastwache flog, nachdem er sich mit korrupten Wächtern angelegt hatte. In derselben Nacht schlafen sie miteinander, und schließlich enthüllt Morgan, dass es sich bei ihr um Evil-Lyn handelt. Nolar ist beeindruckt, und in den kommenden Wochen führen sie eine heimliche Affäre miteinander. Als Nolar schließlich Morgan bittet, mit ihm in die Mystic Mountains zu fliehen, erklärt sie, dass sie magisch an Skeletor gebunden ist. Es gebe nur einen Weg, diesen Bann zu brechen - durch ein besonderes Relikt.
Dieses befindet sich innerhalb der Stadt in einem Raum, der nur von gänzlich nicht-magischen Wesen betreten werden kann. Mit Morgans Hilfe dringt Nolar in das einem Museum ähnliche Gebäude ein und kann tatsächlich das Relikt an sich bringen: Chaos, jenes "Auge" von Grayskull, das Reisen durch den Raum ermöglicht. Nachdem Nolar Evil-Lyn den Stein gegeben hat, bedankt sie sich mit einem Kuss. Anschließend tötet sie Nolar und setzt das Museum in Brand. Zurück in Nolars Gemächern taucht Skeletor auf. Evil-Lyn erklärt, dass alles nach Plan verlaufen sei und reicht ihrem Herrn das Auge. Als sich Skeletor nach einigen Bildern der Mystic Mountains auf einem Tisch erkundigt, wischt Evil-Lyn diese fort und tut sie als "Nichts" ab.
Rezension:
Im fünften Digitalcomic meldet sich der Autor des
zweiten Kapitels, Kyle Higgins, zurück und entwirft gemeinsam mit Zeichner Mike Henderson eine Kurgeschichte im sogenannten Noir Stil. Spätestens durch Frank Millers
Sin City hat dieser besonders in Filmen der 40er und 50er Jahre etablierte, düstere Look mit seinen häufig bitteren Charakteren auch in Comickreisen viele Fans gefunden. Tatsächlich kommt der Sin City Vergleich spätestens durch die spärlich verwendeten Farben auf, deren Colorist nicht einmal Erwähnung findet. Möglicherweise hat hier ein Redakteur oder der Zeichner selbst sehr geschwind ein paar violette, gelbe, grüne oder rote Tupfer eingebaut, wo es ihm gerade passend erschien.
Dies ist bedauerlich, da die Zeichnungen selbst mit eher cartoonartigen Gesichtern häufig zu "hell" für einen Noir Comic wirken und der Gesamteindruck entsteht, als habe der Künstler besagten Stil lediglich getestet aber nicht zur Vollendung gebracht. Immerhin wirken dafür die Szenerien meist glaubwürdig genug, um als Teile von Eternos durchzugehen. Zwar ist es gewöhnungsbedürftig, dass Slums in der Stadt existieren sollen, jedoch passt dies durchaus zu DCs "erwachsenerer" Darstellung des MotU Kosmos. Ein Fehlgriff sind jedoch die TV-Bildschirme, welche Kämpfe der Helden gegen Skeletor in Form von Nachrichten übertragen. Dies wirkt etwas zu irdisch für Eternia, wo Hologrammprojektoren wie im ´87er Kinofilm passender gewählt wären.
Auch die Designs der Charaktere lassen mitunter zu wünschen übrig, allen voran Nolar Black. Dessen Trenchcoatlook passt zwar zur Film Noir Darstellung von abgehalfterten Ex-Cops, die sich als Privatschnüffler durch die Gossen der Großstädte schlagen. Für Eternia funktioniert dies aber weniger gut. Etwas besser ist das schon Evil-Lyns Zivilform als Morgan, deren lange, schwarze Haare ein erfreulich gelungener Ersatz der früher weißen Kurzhaarfrisur ist. Kurioserweise wurde ihr Dress in der Mitte bis weit unter den sichtbaren Nabel ausgeschnitten und fällt damit freizügiger aus als ihre "Uniform" als Evil-Lyn, wo man Derartiges eher erwartet hätte. Evil-Lyns Design war bereits in
The Lost Knight zu sehen, profitiert hier aber ganz klar von der S/W Optik. Die völlig unpassende violette Haut ist hier uncoloriert und stört daher nicht. Stattdessen sind einige Details klarer erkennbar, welche deutlich aus ihren Vintage- und 200X Designs weiter entwickelt wurden. Zwar bleibt weiterhin der Eindruck bestehen, als habe
Disneys Malefiz bei Victorias´ Secret eingekauft. Jedoch stechen die positiven Elemente (und damit ist nicht ihre Oberweite gemeint) besser hervor.
Was nun die Story an sich betrifft, so entspricht auch diese im Grunde einer typischen Noir Erzählung. Der Hauptcharakter - ein von der schlechten Welt "Gestürzter" - trifft auf eine geheimnisvolle und gefährliche Schönheit, landet mit dieser in der Kiste und kommt schließlich durch sie um, nachdem sie ihn für ihren Zweck benutzt hat. Dies ist leider nicht unbedingt eine besonders kreative Idee. Dass sich Nolar von Morgan erst recht angezogen fühlt nachdem diese sich als die vielleicht gefährlichste Frau Eternias herausstellt, ist ebenso vorhersehbar wie im Grunde die gesamte Handlung. Dazu zählt auch die bereits viel diskutierte "Bettszene", in welcher zum ersten Mal überhaupt ein Masters Charakter beim Geschlechtsverkehr dargestellt wird. Diese eindeutig für Masters Kenner als Sensation gedachte Szene ist letztlich recht unspektakulär. Zum einen bleibt ohnehin alles in Schatten gehüllt. Zum anderen wurde mit Evil-Lyn ein passender Charakter gewählt, denn der Aufschrei mancher Fans wäre weitaus größer gewesen, wenn He-Man und Teela bei ihrem ersten Treffen miteinander geschlafen hätten.
Letztlich ist auch diese Szene derart Noir-typisch, dass sie eher zum gähnen motiviert. Zugleich gelingt es Kyle Higgins kaum, die Leser dazu zu bringen, den Hauptcharakter sympathisch zu finden oder sich gar mit ihm zu identifizieren. Dafür ist Nolar zu klischeehaft geraten und agiert in einer Naivität, die weniger aus blinder Liebe zu kommen scheint als vielmehr reines Mittel zum Zweck ist, um die Geschichte so voranzutreiben, wie es sich der Autor zurecht geklau- äh, gelegt hat. Gleichsames Klischee ist dabei auch der Name. Nolar Black? Ernsthaft? Gut, die Masters kommen aus einer Zeit, als Namen wie Michael Knight normaler Teil der Popkultur waren. Hier aber ist der Name besonders im Zusammenhang mit dem Noir-Stil (noir = schwarz) einfach plump gewählt und könnte genauso gut "Noirlar Dark" lauten.
Dennoch gibt es auch positive Aspekte. So wird im Grunde erst bei genauem Lesen klar, dass Evil-Lyn Nolar nicht von Beginn an ausgenutzt hat. Zumindest anfangs scheint sie tatsächlich die Möglichkeit genossen zu haben, mit ihm eine Auszeit fern von ihrem Dasein als "Superschurkin" nehmen zu können. Somit bleibt der Charakter nicht ganz so plump, wie es zunächst den Anschein hatte. Überdies bringt Higgins einen interessanten Aspekt hinein, indem er Evil-Lyn durch magische Weise an Skeletor bindet. Positiv ist auch, dass nach Chrono nun das zweite Auge von Grayskull thematisiert wird. Zum einen wird klar, dass diese Geschichte vor Kapitel 2 spielen muss, wo die Zauberin keine Kenntnis vom Verbleib des Chaos Auge hat. Zum anderen kristallisiert sich eine Verbindung zur
Hauptserie heraus, da beide Augen wohl maßgeblich dazu beigetragen haben müssen, dass Skeletor überhaupt erst die Macht an sich reißen konnte.
Fazit:
Es ist schön, dass sich DC mit dem fünften Digitalcomic einem Schurken widmet. Leider ist das Ergebnis aber eher wenig gelungen. Zu fremd ist der Noir-Stil für die noch recht junge Serie, deren Leser vorwiegend auch optisch fantasylastigere Szenarien erwarten. Hinzu kommt die zu offenkundig klischeehafte und vorhersehbare Handlung, deren wenige Überraschungen meist nicht aufgehen. Somit ist
Evil-Lyn eine Geschichte, die sich lesen lässt, aber am Ende nicht überzeugen kann.
Dieses Digitalcomic wurde am 01.09.2012 online veröffentlicht.
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